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«Nachgefragt – Dialoge zur Nachhaltigkeit»

sollte langfristig gedacht sein, auch das Gebäude in sei- ner architektonischen Qualität Bewohner möglichst lange binden. Sonst gefällt das Haus nicht mehr, wie manche Achtzigerjahrebauten uns heute Probleme machen, weil man nicht mehr gerne darin wohnt. Sie haben leicht reden, immerhin bewohnen Sie eine historische Villa in bevorzugter lage. Sie werden lachen, aber vor kurzem habe ich mit Freun- den und Familie einige meiner Projekte besichtigt. Da hat meine zwölfjährige Tochter gesagt: «Mama, du machst so schöne, moderne Bauten, wieso ist unser Haus nicht auch modern?» Einerseits habe ich mich über das Kom- pliment gefreut, andererseits habe ich mir gedacht: Ich liebe zwar alte Häuser, aber es erfüllt mich schon auch mit Genugtuung, wenn die modernen Räume, die wir schaffen, genauso wohnlich und gemütlich für die Bewohner sind, dass sie sich dort wohlfühlen. Nachhaltiges Bauen ist eher ein Begriff moderner Prä- gung, obwohl das Prinzip durchaus früh belegbar... ...das ist für mich übrigens an älteren Gebäuden so fas- zinierend: Wie verschieden man die Räume bespielen kann, ob fürs Arbeiten, Wohnen oder für die Gemein- schaft. Hundertjährige Gebäude sind zum Teil viel flexi- bler gedacht als etwa Sechzigerjahrebauten. Waren unsere Vorfahren die visionäreren architekten? Ich denke, sie hatten genaue Vorstellungen, für welche Nutzungen die Räume bestimmt sind, aber wir inter- pretieren sie heute anders, unserer Zeit entsprechend – indem wir die damaligen Salons zum Arbeitszimmer oder zur Küche umwidmen, also Raumstrukturen neu auslegen. Es gibt durchaus ältere Gebäude, die an die Kri- terien der Nachhaltigkeit angepasst werden können. Es gibt aber auch Gebäude, die dadurch in ihrer architekto- nischen Qualität zerstört werden würden. Womit wir wieder bei ihrem clusterkonzept wären. Neben einem offenen Grundriss ist dafür auch ein offe- ner Geist erforderlich, wenn man wirklich nachhhaltig in Gemeinschaft leben möchte. Immerhin sind in St. Pauli an der Langgasse vier Leute zusammen, die sich vorher nicht kannten. Da muss man interessiert sein an anderen Menschen, an anderen Formen des Zusammenlebens, auch an Konfrontationen. Zunächst wollten wir stär- ker in die Bausubstanz eingreifen, aber dann haben wir uns entschlossen, die vorhandenen Qualitäten herauszu- holen und das Gebäude um ein Geschoss aufzustocken. Bemerkenswert an dem Objekt ist auch, dass es über Vera gloor 19 Das Prinzip St. Pauli auf: swissbau.ch/ nachhaltigkeit eine Gemeinschaftsterrasse verfügt, was normalerweise eher Luxuswohnungen vorbehalten ist. Würde so eine art Wohngemeinschaft für Sie in Frage kommen? Wenn ich nicht mit meinen Kindern wohnen und arbei- ten würde, sofort! Ich brauche nicht viel Individualraum, da ich nicht gerne allein bin. Ich wohne zwar in einer Villa, teile den Raum aber mit meiner Familie und den Mitarbeitenden. Wenn man das in diesem Konglome- rat hinunterrechnet, wie viele Nutzer hier sind, kom- men wir den genossenschaftlichen Vorstellungen schon sehr nahe. Was macht Sie so sicher, dass sich ihre neuartigen Wohnraumkonzepte durchsetzen werden? Wir planen sehr nutzerorientiert. Unser Ansatz, Lebens- raum zu schaffen, wird von den Bewohnern geschätzt. Wir wissen das, weil wir die Liegenschaften, die wir überbauen, grösstenteils verwalten. Und so, wie sich die Reaktionen der Bewohner verändern, hat sich unsere Architektur über die Jahre verändert. Bewohner sind Trendwellen ausgesetzt, deswegen sind auch unsere Wohnungen trendig. Wobei es nicht primär darum geht, eine trendige Wohnung zu machen, sondern Strukturen zu entwickeln, in der verschiedene Trends möglich sind.

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