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«Nachgefragt – Dialoge zur Nachhaltigkeit»

teilweise sehr engen Altstadtwohnungen; auch weil dies einen gewissen Status ausdrückt, aber auch, weil Innenstädte sehr viele Möglichkeiten bieten. Heute sind wir an einem Punkt, wo jeder Mitteleuro- päer rund dreimal mehr Platz beansprucht als noch vor 100 Jahren. Die Frage ist, ob das richtig ist oder ob wir uns einschränken können, ohne dass es als Einschrän- kung wahrgenommen wird? Ich behaupte, dass kein Mensch merkt, ob ein Zimmer 18 oder 22 Quadratmeter hat, sofern der Raum gut gestaltet ist, das heisst gute Proportionen aufweist, eine gute Lichtführung und allenfalls eine spezifische Aussicht bietet. ist der Fokus auf das atmosphärische im Prozess der Nachhaltigkeit nicht zu einseitig? Man kann ja nicht jeden Bewohner für alles verantwort- lich machen. Ich glaube, es gibt eine Staffelung von Verantwortung. Der Besitzer einer Liegenschaft hat die Verantwortung, wie er mit dem Bauwerk umgeht. Aber letztlich müssen wir es schaffen, eine Antwort auf die Frage zu finden, warum sich jemand in einem Altbau wohl fühlt. Diese Gründe gilt es dann auf einen Neubau zu übertragen, der energetisch und nachhaltig richtig gebaut ist. Was richtig ist, darüber geben labels wie Minergie auskunft. Verhindern solche labels ein echtes umden- ken, weil sie Sicherheit vorschützen, statt uns die kon- sequenzen unseres handelns aufzuzeigen? Labels haben einen Vorteil: Sie sind einprägsam, schnell und bereiten neuen Entwicklungen den Boden. Selbst wir vom SIA hätten in dieser Geschwindigkeit und Prägnanz keine ähnlichen Resultate erzielt. Hinzu kommt: Wir sind eine Labelgesellschaft – durch die Mode, durch unsere Autos. Wir stehen auf starke Labels, die eine Bedeutung oder einen Wert haben. Einer der interviewten für diese Broschüre hat kritisiert, dass manche labelinhalte längst von der realität über- holt worden sind. Labels müssen sich schon dynamisch weiterentwickeln. Es kann nicht sein, dass sie ein paar Standards setzen und dann in ihrer Ausprägung erstarren, das führt nur zur Ablehnung. Man darf aber nicht vergessen: Ein Label ist immer nur ein Modell, das nicht die ganze Realität abbildet. Allerdings hilft es dabei, unsere Gesellschaft zu sensibilisieren. Ideal wäre für mich, wenn ein Label gewisse Standards vorgibt und die gesellschaftliche Entwicklung diese Vorgaben adaptiert – so weit, bis das Label nicht mehr notwendig ist. Immerhin haben wir Tausende von Jahren ohne solche Hilfsinstrumente gebaut. Wie gehen architekten in der Praxis damit um? Es gibt natürlich Architekten, die sich nicht so sehr in die Thematik hineindenken und sagen: Wir müssen das Bauen nicht neu erfinden. Interessanterweise sind es gerade sehr dynamische Büros, die sich der Nach- haltigkeit verpflichtet fühlen. Daraus entstehen dann superspannende Projekte, die wiederum einen hohen Abstrahleffekt auf andere Büros haben. Und, noch ent- scheidender, einen Abstrahleffekt auf andere Bauher- ren, die so etwas auch wollen. Das führt dann zu einem Dominoeffekt. können Sie sich vorstellen, dass der Beruf eines tages keinen Spass mehr macht, weil gerade der gebäude- sektor mit seinem hohen Energiebedarf im Visier des gesetzgebers steht? Der Beruf des Architekten wandelt sich, seit es ihn gibt. Die Energieeffizienz ist bei weitem nicht das einzige komplexe Thema, das uns Planer herausfordert, aber ich denke, wir finden uns in diesem Dschungel zurecht. Allerdings gilt es, gegen übertriebene Gesetzgebungen und Regulative entschieden vorzugehen, um im Denken und Handeln nicht gelähmt zu werden. Bei wachsen- der Regulierungsdichte bilden sich andererseits immer wieder auch neue Berufsfelder aus, etwa das des Bau- physikers oder Fassadeningenieurs. Das ist wichtig, denn Architekten müssen zwingend enthusiastisch bleiben, um am Schluss das bestmögliche Resultat zu erzielen. Ich glaube, uns geht die Luft nicht so schnell aus. Stefan cadosch 11 Das Besondere an der Badener- strasse auf: swissbau.ch/ nachhaltigkeit

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